Abschaffung/Neuordnung der durch Gesetz basierenden kirchlichen Privilegien im Arbeitsrecht gem. den Artikeln 137 Abs. 3 WRV u. Artikel 140 GG
Die Caritas hat mit ihrer Ablehnung des Antrags auf Erstreckung eines bundesweiten Tarifvertrags für die Pflege bewiesen, dass die Privilegien der Kirchen im Arbeitsrecht negative Folgen für Flächentarifvereinbarungen und letztendlich v.a. tausenden Beschäftigte in bei privaten Altenpflegeeinrichtungen haben. An den Verhandlungen beteiligte Gewerkschaften kritisieren die Haltung der Arbeitgeber des christlichen Wohlfahrtsverbandes für diese Entscheidung scharf.
Der christliche Wohlfahrtsverband lehnt eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung des von ver.di und der Bundesvereinigung der Arbeitgeber (BVAP) ausgehandelten Tarifvertrags für die Altenpflege ab. „Damit ist die große Chance vertan worden, die Arbeit in der Pflege nachhaltig aufzuwerten, so Oliver Kohlhund, Bezirksvorsitzender der AfA in Hessen-Nord.“
Eine Einigung zwischen Arbeitgeberverbänden und den Gewerkschaften hätte ab August 2021 um bis zu 25 Prozent höhere Mindestentgelte und weitere verbesserte Bedingungen der Beschäftigten gesorgt.
Diese tariflichen Verbesserungen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen in der Pflege, will die Caritas nicht mittragen und verhindert damit eine bundesweite Regelung. Aufgrund von gesetzlichen Vorgaben müssen die Arbeitsrechtskommissionen der Kirchen in den entsprechenden Branchen dem Antrag auf Erstreckung einer einheitlichen Regelung zustimmen.
Der Sonderstatus der Kirchen ist an dieser Stelle weder mit Religionsfreiheit noch Tarifautonomie zu erklären, sondern fußt auf den Privilegien im kirchlichen Arbeitsrecht, die Gewerkschaften und die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) im Bezirk Hessen-Nord als nicht mehr Zeitgemäß betrachten und letztendlich zu einer Vielzahl von Nachteilen bei den Beschäftigten führt.
Die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) im SPD-Bezirk Hessen-Nord fordert deswegen eine Abschaffung kirchlicher Privilegien im Arbeitsrecht und Stärkung der Arbeitnehmerrechte von Beschäftigten in den kirchlichen Einrichtungen.
Eben diese durch Gesetz basierenden kirchlichen Privilegien im Arbeitsrecht die ihren Ursprung aus der Weimarer Verfassung von 1919 haben, sind aus unserer Sicht nicht mehr Zeitgemäß und werden zum Nachteil der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen genutzt. Es müssen die gleichen Rechte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der kirchlichen Organisationen wie für die in den weltlichen Beschäftigungsverhältnissen gelten, so Oliver Kohlhund, Bezirksvorsitzender der AfA Hessen-Nord.
Das als „Dritter Weg“ bezeichnete Arbeitsrecht ist abzuschaffen. Den kirchlichen Beschäftigten sind die vollen gewerkschaftlichen Rechte, wie in weltlichen Betrieben zuzugestehen. Für alle Beschäftigten der kirchlichen Einrichtungen ist das Recht auf gewerkschaftliche Betätigung und das Streikrecht als Grundrechtsverwirklichung gemäß Art. 9 Abs. 3 GG zu gewährleisten. Nur durch die näher vorbezeichnete Vorgehensweise können die Löhne und die Arbeitsbedingungen gleichgewichtig ausgehandelt werden.
Als Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen fordern wir die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes und der Gesetze der Unternehmensmitbestimmung in den kirchlichen Einrichtungen. Einer der größten Arbeitgeber in Deutschland sind die evangelische und katholische Kirche mit ihren Wohlfahrtsverbänden Diakonie und Caritas.
Etwa 1,8 Millionen Menschen arbeiten dort, davon mind. 1,3 Millionen in den Unternehmen unter dem Dach der beiden Wohlfahrtsverbände. Die Finanzierung der Arbeit erfolgt fast ausschließlich aus Sozialversicherungsbeiträgen und staatlichen Steuermitteln, ganz genauso wie bei nichtkonfessionellen Trägern. Dennoch sind Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen einem kirchlichen Sonderstatus im Arbeitsrecht unterworfen, der von der staatlichen Rechtsprechung wiederholt zur Grundlage von Entscheidungen gemacht wird und dessen notwendige Änderung von den Parteien im Deutschen Bundestag mehrheitlich bislang nicht in Angriff genommen wird.
ver.di ist die zuständige Gewerkschaft für Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen und setzt sich für die Verbesserung ihrer Lohn- und Arbeitsbedingungen mit gewerkschaftlichen Mitteln ein. Dazu zählt auch die Stärkung der individuellen Rechte der Beschäftigten, die Durchsetzung von Mitbestimmungsrechten nach dem Betriebsverfassungsgesetz und in Bezug auf die Unternehmensmitbestimmung.
Dieser Ausschluss von fast 1,8 Millionen Menschen in Deutschland von grundlegenden Arbeitnehmerrechten, ist kein „zivilisatorischer Fortschritt“, wie der Diakonie – Arbeitgeberverband VdDD propagiert.
Caritas und Diakonie nutzen im Rahmen ihrer Möglichkeiten ein Gesetz von 1919 und versuchen damit ein Arbeitsrecht für das 21. Jahrhundert abzubilden.
Dieses anachronistisch Verhalten führt dazu das die Beschäftigten kein Zugang zu neuzeitlichen Tarifvertragen bekommen und einem Arbeitsrecht aus dem vorherigen Jahrhundert unterliegen.
Das Bundesarbeitsgericht hatte am 24. Mai 2018 erneut zur Rechtsqualität von Arbeitsvertragsrichtlinien geurteilt (BAG 6 AZR 308 17). Das BUNDESARBEITSGERICHT führt in seltener Klarheit aus, dass »kirchliche Arbeitsrechtsregelungen allgemeine Geschäftsbedingungen sind, welche mangels normativer Wirkung in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen nur über Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen Wirkung verschafft werden, kann«.